Die Globalisierung ist kein neues Phänomen. Vor allem die Zeit zwischen etwa 1880 und dem Ersten Weltkrieg kann als eine frühe Hochphase der Globalisierung verstanden werden. Sebastian Conrad zeigt, daß die besondere Form des Nationalismus, wie sie sich vor dem Ersten Weltkrieg im Deutschen Reich herausgebildet hat, nicht nur aus der deutschen Geschichte heraus, sondern auch als Reaktion auf die globalen Vernetzungen der Zeit verstanden werden muß.
Dieses Buch untersucht den Einfluß der Globalisierung auf das Deutsche Kaiserreich. Ab etwa 1880 nahmen transnationale Beziehungen erheblich zu, führten jedoch nicht zur Einebnung nationaler Differenzen, im Gegenteil: Die globale Vernetzung vor dem Ersten Weltkrieg ging mit einer Verfestigung nationaler Abgrenzungen einher. Das besondere Verständnis von Nation in Deutschland, wie es vor dem Ersten Weltkrieg zu beobachten ist, muß daher auch als Reaktion auf die globalen Vernetzungen verstanden werden.
Der Autor verfolgt hier eine explizit transnationale Perspektive und blickt von den afrikanischen Kolonien, den polnischen Gebieten in Osteuropa, aus China und Südamerika auf das Deutsche Kaiserreich. Er kann dabei überzeugend zeigen, daß die deutsche Geschichte nicht an den Grenzen des Reiches haltmachte und zugleich die Bezüge zur Welt in der wilhelminischen Gesellschaft gegenwärtig waren.