Drei Kinder streiten darüber, wem von ihnen eine Flöte gehören sollte. Das erste Kind hat Musikunterricht gehabt und kann als einziges Flöte spielen. Das zweite ist arm und besitzt keinerlei anderes Spielzeug. Das dritte Kind hat die Flöte mit viel Ausdauer selbst angefertigt.
Mit diesem Gleichnis eröffnet Amartya Sen, einer der wichtigsten Denker unserer Zeit, sein Buch über die Idee der Gerechtigkeit. Es ist John Rawls gewidmet und grenzt sich doch von der wirkungsmächtigsten Gerechtigkeitstheorie des 20. Jahrhunderts ab. Wer eine weitere abstrakte Diskussion der institutionellen Grundlagen einer gerechten Gesellschaft erwartet, der wird enttäuscht sein. Wer sich hingegen darüber wundert, was diese Theorien eigentlich zur Bekämpfung real existierender Ungerechtigkeiten beitragen, der wird großen Gewinn daraus ziehen.
Sen nämlich stellt die Plausibilität solcher Anstrengungen der reinen Vernunft in Frage. Seine Theorie der Gerechtigkeit ist weniger an der Ausformulierung einer ethisch perfekten Gesellschaft interessiert als an Argumenten, deren Maßstab die konkrete Überwindung von Ungerechtigkeit ist. Sen eröffnet Perspektiven, die dem westlichen Denken meist fehlen. Seine Kenntnis der hinduistischen, buddhistischen und islamischen Kultur ist wundervoll eingewoben in das Buch und prägt den ganzen Charakter seines Philosophierens. Die Vernunft sucht die Wahrheit, wo immer sie sich finden lässt - und wie der Autor dieses außergewöhnlichen Werkes entdeckt sie auf ihrer weiten Reise viele gangbare Wege zu einer gerechteren Welt.
"Der Band spiegelt die Weite des Denkens, die Fülle praktischer Erfahrung eines großen Intellektuellen und engagierten Humanisten, der sich nie gescheut hat, Mögliches zu wagen und seine Überlegungen einem Praxistext zu unterziehen."
Alexandra Kemmerer, Frankfurter Allgemeine Zeitung
"[Auch] wenn Sens Argumentation durchaus aufs Globale zielt, betont er vor allem die Wichtigkeit der 'praktischen Realisierbarkeit' von konkreten Maßnahmen zur Behebung manifester Ungerechtigkeit. Und wer seine Grundthesen in Handlungsanweisungen ummünzen möchte, könnte, kurz gefasst, auch sagen: think global, act local."
Katharina Granzin, taz
"Ein wahrhaft globales philosophisches Panorama, das seinesgleichen sucht - indische Weisheiten werden mit westlicher Philosophie in Beziehung gesetzt, reale Geschichten mit abstrakten Gedankenexperimenten und theoretischen Debatten verknüpft. Kaum jemand vermag es wie Sen, solche Diskussionen klar und knapp darzustellen und dies zugleich mit einer Prise Ironie und dem Ernst zu verbinden, den dieses Thema erfordert. Deshalb ist dies ein wichtiges und wuchtiges Buch von einem der großen Geister unserer Zeit."
Rainer Forst, Die Zeit
"Ein im besten Sinne eingreifendes Buch."
Rudolf Walther, Berliner Zeitung
"Für all jene, die weltweit gegen Ungerechtigkeit kämpfen, bietet das neue Buch von Sen ein unverzichtbares intellektuelles Rüstzeug."
profil
"Überhaupt gehört die ungeheure Sicherheit, mit der Amartya Sen kulturelle und konzeptionelle Unterschiede zur Kenntnis nimmt, nie der Versuchung nachgibt, sie zu vereinheitlichen, und doch keinen Zweifel daran hegt, dass sie in einen vernünftigen allgemeinen Diskussionszusammenhang zu bringen sind, zu den beeindruckendsten Qualitäten des Buches. (...) So entdecken Leser in dem Buch von Amartya Sen ein (...) ungewöhnliches, reiches (...) Panorama auf das Problem der Gerechtigkeit, das neben den verschiedenen disziplinären Perspektiven auch manches von der bemerkenswerten Biographie des Verfassers präsentiert."
Christoph Möllers, Süddeutsche Zeitung
"Man stellt fest, dass hier ein Denker am Werke ist, den man in unseren Breiten lange suchen muss: Ein Ökonom, der auf der Höhe des philosophischen Diskurses schreibt, ist in Deutschland so selten wir ein Philosoph, der auch in den Niederungen ökonomischer Prozesse zu Hause ist."
Christoph Fleischmann, Deutschlandfunk
"Ein lesenswertes Buch eines beeindruckenden Autors."
Frank Wiebe, Handelsblatt
"Wichtiger als der Streit um die Durchsetzung des Rechts nach der gerade herrschenden Auffassung aber sei die Verringerung des jeweils konkret herrschenden Unrechts - und genau dafür bietet sich Sens 'capabilities approach' an."
Eike Gebhardt, Deutschlandradio Kultur
"Sen leitet auch nicht der Hauch von Theoriefeindlichkeit - im Gegenteil: Er bedient sich geradezu virtuos bei anderen Gerechtigkeitstheorien. Ihn treibt die Dringlichkeit der ethisch-moralischen und politischen Probleme um. Ein im besten Sinne ergreifendes Buch."
Der Standard