Auf den Straßen der Stadt Hamburg sind im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts Menschen unterwegs, die eines gemeinsam haben: Sie alle bieten lautstark ihre Waren an. Zu den Straßenhändler:innen gehört auch eine Figur, die Druckprodukte vertreibt, allerdings keine Bücher, sondern ungebundene Kleindrucke, die der Mann in der Hand hält und seinen Kund:innen mit dem Ausruf "Hier is de ganze nee Beschrievung" anpreist.
Das Hamburger Buch von 1808 erlaubt einen seltenen Einblick in das, was man die Grauzonen der Literaturgeschichte nennen könnte: einen Einblick in Formen der Literatur ('erlogene Geschichten') jenseits der 'großen Werke' des bürgerlichen Kanons, die allerdings einen Großteil dessen ausmachen, was es im 19. Jahrhundert für die meisten Menschen überhaupt zu lesen gab - und zwar nicht nur in Hamburg.
Nicht nur zeitgenössische Beobachter standen solchen Formen der populären Literatur ablehnend gegenüber. Skepsis wurde dieser Literatur, einschließlich ihrer Autoren, Leserinnen und Lieferanten, lange Zeit auch von Literaturwissenschaftlern entgegengebracht.
Was für eine Literatur war das, die Hamburger 'colporteurs' auf den Straßen der Stadt oder in den Dörfern des Umlands in den 1800er Jahren verkauft haben?
Der neue Band der Schriften der Landesbibliothek Oldenburg (Bd. 76) bietet Antworten.
(nach der Einleitung der Herausgeber Katharina Grabbe / Christian Schmitt)