Wie können die Dynamiken verstanden werden, die zur Pandemie von psychischen Erkrankungen, zum Klimawandel oder zum Krieg in der Ukraine führen? Um zu erklären, was aktuell schiefläuft, nimmt Ansgar Rougemont-Bücking die Leser*innen mit auf eine Reise durch die Neurowissenschaften. Seine zentrale Hypothese: Wir befinden uns sowohl individuell als auch gesellschaftlich in einem Stockholm-Syndrom, beziehungsweise in einer strukturellen traumatischen Dissoziation.
Dissoziation bedeutet Abspaltung. Sie entspricht dem Zerbrechen einer Person, die eine schwere, überlastende Erfahrung durchgemacht hat. Durch diesen Bruch verliert der Mensch die Bindung zu sich selbst und zur Außenwelt. Die zugrunde liegenden Traumata entsprechen einer Anhäufung von individuellen, transgenerationellen, kulturellen, politisch-systemischen und wirtschaftlichen Faktoren. Und so dümpelt das Schiff der Menschheit, überladen mit der Illusion von Kontrolle und Sicherheit, gefährlich nahe am Riff der ökologischen Katastrophe.
Die am häufigsten vertretene Menschenspezies ist die der Vampire. Diese sind getrieben und innerlich zerrissen durch zwei tiefsitzende Flüche: der traumatische Verlust des Selbstbildes und die Gier nach Blut sowie Unsterblichkeit. Wir alle tragen vampirische Anteile in uns. Doch wenn es uns gelingt, uns im Spiegelbild zu erkennen und unseren Hunger nachhaltig zu stillen, sind wir befähigt, die Reise zu neuen Horizonten anzutreten.