Ein Schlüsseltext zur menschlichen Selbsterkenntnis
Konrad Lorenz hat das große Verdienst, in einer Zeit, in der die Menschheit zuweilen recht dilettantisch an ihren Zwängen und Widersprüchen herumdoktert, die - vergleichsweise primitiven, aber deshalb um so gefährlicheren - Grundantriebe menschlichen Verhaltens wieder ins Bewusstsein gebracht zu haben.
Aggression gilt als einer der wesentlichen Faktoren menschlicher Handlungen und Reaktionen und wurde zum Schlagwort in anthropologischen und soziologischen Diskussionen.
Konrad Lorenz leistet mit diesem epochalen Werk einen bedeutenden Beitrag zur menschlichen Selbsterkenntnis.
Lorenz schildert auf seinem Streifzug durch die Naturgeschichte der Aggression
eine Vielzahl aggressiver Verhaltensmuster aus dem Tierreich. Deren Ursache
ist in der Entwicklungsgeschichte von Tier und Mensch begründet und richtet
sich als selbst erhaltender Instinkt in erster Linie gegen eigene Artgenossen.
Tieren steht eine Vielzahl von Droh- und Kampfgebärden zur Verfügung. Darüber
hinaus sind sie mit gefährlichen Waffen ausgestattet: die beachtlichen
Geweihe der Hirsche, die Stoßzähne von Elefanten oder die scharfen Krallen
von Raubkatzen. Es wäre jedoch nicht im Sinne der Arterhaltung, würden
sich Individuen der gleichen Art körperlichen Schaden zufügen oder gar
töten. Deshalb ist Kampfverhalten oft ritualisiert. Bei so genannten Turnierkämpfen
messen Tiere ihre Kräfte nach festen Regeln auf unblutige Weise, bis einer
der Kontrahenten aufgibt. Durch bestimmte Mechanismen vermeiden Tiere Aggression
fast gänzlich. So wird das eigene Territorium durch Duftmarken gekennzeichnet,
um Fremde fernzuhalten, oder es werden Rangordnungen gebildet, um kräftezehrende
Kämpfe zu vermeiden. Beim Menschen hat das Lachen eine aggressionshemmende
Signalfunktion, auch wenn seine Wurzeln eben in der Aggression liegen:
Aus der ritualisierten Drohgebärde des Zähnefletschens entstanden, entschärft
es jede soziale Sprengkraft und ist für unser gesellschaftliches Miteinander
lebensnotwendig geworden.