Die Fähigkeit, das Tragische zu denken und kritisch zu reflektieren, wurde der Antike und dem Mittelalter vielfach abgesprochen. Statt das moderne Tragikverständnis Hegels absolut zu setzen, geht der interdisziplinäre Sammelband von der Historizität und Pluralität der Tragödientheorien aus.
In elf Beiträgen aus der Klassischen Philologie und der Mediävistik wird die Kategorie des Tragischen für die Analyse der Literatur vor der Moderne fruchtbar gemacht. Untersucht werden Formen und Konzepte tragischen Handelns bei Homer, Aristoteles und den griechischen Tragikern Sophokles und Euripides, bei Vergil, Ovid und in den 'Poetik'-Kommentaren der Renaissance. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Strukturen tragischen Erzählens in den Werken des europäischen Mittelalters: im 'Eneasroman', 'Tristan', 'Titurel', in der 'Mort Artu', im 'Nibelungenlied', der 'Rabenschlacht' und der 'Melusine'.