Viktor Röthlins Geschichte nimmt in Kerns ihren Anfang, im Bergkanton Obwalden, wo er schon als Junge gern rannte. Doch er war ausdauernder als die anderen in seinem Alter. 1984 bewunderte der Zehnjährige Markus Ryffel am Fernsehen, den Schweizer Silbermedaillengewinner im 5000-Meter-Lauf an den Olympischen Sommerspielen in Los Angeles. Auch er, Viktor, würde einmal auf dem Treppchen stehen. Zuerst setzte er aber auf eine Elektrozeichnerlehre. Später machte er eine Zweitausbildung zum Physiotherapeuten.
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Nachdem Röthlin am Berlin Marathon 2001 einen neuen Schweizerrekord aufgestellt hatte, begann seine sportliche Karriere so richtig. Von nun an reihte sich ein Erfolg an den anderen. Unvergessen bleibt der Marathonlauf anlässlich der Leichtathletik-WM im japanischen Osaka, als der feingliedrige Innerschweizer bei grosser Hitze und extremer Luftfeuchtigkeit auf den letzten zwei Kilometern zum Schlussspurt ansetzte, zwei Läufer überholte und die Bronzemedaille gewann. 2008 siegte er am Tokio Marathon und wurde im gleichen Jahr an den Olympischen Sommerspielen in Peking als bester 'Nichtafrikaner' Sechster. Dabei ist er doch beinah einer von ihnen: Nach den ersten Erfolgen begann er im Winter jeweils mit einheimischen Spitzenläufern in Eldoret (Kenia) zu trainieren. 'Wenn an einer Leichtathletik-WM drei Kenianer laufen, dann sind es beim Halbmarathon in Eldoret mehrere hundert hungrige Männer, die hoffen entdeckt zu werden', äusserte sich Röthlin 2007 nachdenklich zur wirtschaftlichen Situation des afrikanischen Landes.
Mitte März 2009 erlitt Röthlin zwei Lungenembolien. Er überlebte.
Als Läufer stand er aber auf einmal still. Eine Fersenoperation bedingte eine weitere Pause. Wie gern möchte er das Comeback schaffen, somit an der Leichtathletik-EM 2010 in Barcelona teilnehmen und mit dem Klassiker, dem New Yorker, seinen letzten Marathon bestreiten!